Stellt E-Mobilität DIE Lösung Deutschlands für die Klimakrise dar? oder gibt es eine nachhaltige Alternative?
Dies ist wohl in der Politik und Wissenschaft eine der meistgestellten Fragen. Im Seminarkurs „Energie und Rohstoffe“ haben wir uns, Luca Schweikert und Elias Ritter vom technischen Gymnasium Profilfach Mechatronik, mit dieser Fragestellung intensiv auseinandergesetzt. Dabei haben wir gesellschaftliche und politische Gesichtspunkte sowie technische Schwierigkeiten und Lösungsansätze betrachtet.
Zuerst verschaffen wir uns einen Überblick in welche Bereiche sich die Mobilität der Zukunft einteilen lässt. Als große Überpunkte gibt es die Elektromobilität, die als Energiespeicher einen Lithium-Ionen-Akku verwendet und die Wasserstoffmobilität. Diese lässt sich wiederrum in zwei Unterpunkte einteilen. Einmal den Wasserstoffverbrennungsmotor, der flüssigen Wasserstoff verwendet sowie das Brennstoffzellensystem, das gasförmigen Wasserstoff benötigt.
Wo hierbei die Schwierigkeiten sowie Vor- und Nachteile liegen, soll im folgenden Artikel nähergebracht werden.
Welches Elektroauto sollte mit welchem Motor ausgestattet sein?
In Elektroautos gibt es zwei unterschiedliche Motorentypen, die verbaut werden können. Zum einen gibt es den PSM-Motor (Permanent Synchronmaschine), zum anderen den ASM-Motor (Asynchronmaschine). Beide Motoren bringen unterschiedliche Stärken und Schwächen mit. Deshalb muss bereits bei der Konstruktion genau darauf geachtet werden, für welchen Bereich das Auto eingesetzt wird, sodass man ein optimal leistungsfähiges E-Mobil hat.
Somit besitzt der PSM-Motor einen deutlichen besseren Wirkungsgrad bei niedrigen Drehzahlen, er ist ebenfalls deutlich kleiner und leichter als ein ASM-Motor. Zudem hat der ASM-Motor den Nachteil, dass er bei normalen Drehzahlen einen schlechten Wirkungsgrad besitzt, was ihn für das „Standardauto“ ungeeignet macht.
Deshalb sollte man beim Kauf genau darauf achten, für welchen Zweck man das Auto einsetzt, damit man sich für den richtigen Motor entscheidet.
Die Verluste im Elektromotor
Die größten Verluste, die im Elektromotor entstehen, werden durch die Kupferverluste verursacht. Sie entstehen durch die Wärmeentwicklung, die im Motor herrscht. Diese wird verursacht durch die Leistungsbeanspruchung des Motors. Je höher sie sind, desto mehr Wärme entwickelt sich im Motor. Das geschieht aufgrund eines physikalischen Ereignisses. Wenn Strom bzw. Elektronen durch den Leiter fließen, erzeugen sie eine Reibung, wodurch Wärme entsteht. Bei zu hoher Leistungsbeanspruchung kann der Motor überhitzen, wodurch der Motor auf Dauer geschädigt wird, bis es zum totalen Ausfall kommt.
Die größten Schwierigkeiten bei der E-Mobilität
E-Autos besitzen die Problematik, dass der Akku nach bereits 1.000 Ladungen nur noch ca. 70% seiner Kapazität besitzt. Nach einer gefahrenen Strecke von 200.000km muss ein kompletter Tausch vorgenommen werden. Ebenso stellt die Infrastruktur bzw. das Stromnetz ein signifikantes Problem dar. Das heutige Stromnetz bzw. die heutige Stromversorgung kann keinesfalls alle Autos mit Strom versorgen. Das bekannteste Problem ist aber die Reichweite. Wie vielen Lesern bereits bekannt ist, erzielt man eine maximale Reichweite von circa 400 km. Dieses Defizit lässt sich zwar mit Schnellladestationen ganz gut ausgleichen, ist aber keinesfalls vergleichbar mit seinem Gegner, der Wasserstoffmobilität.
Problematik Wasserstoff
Die größte Problematik bei Wasserstoff besteht darin, die geeignete Form zu finden. Zwar besitzt der flüssige Wasserstoff eine über 50% höhere Energiedichte als der gasförmige Wasserstoff, jedoch muss dieser auf eine Temperatur von -253°C heruntergekühlt werden, das wiederum einen hohen Energiebedarf bedeutet. Ebenso besteht die Schwierigkeit darin, den Wasserstoff in dieser Form beizubehalten, da durch den Boil-off-Effekt ein sehr großer Energieanteil verloren geht. Diese Eigenschaften schrecken viele Automobilhersteller ab, weshalb sie zur gasförmigen Speicherung greifen. Sie benötigt zwar auch einen hohen Energiebedarf, da der Wasserstoff auf 700 bar verdichtet werden muss, ist aber eine deutlich bessere Alternative als der flüssige Wasserstoff.
Wie gefährlich und energieverschwendend ist die Flüssigspeicherung wirklich?
Das größte Problem der Flüssigspeicherung ist der Boil-off-Effekt. Hierbei tritt Wärme in den Tank ein, wodurch der flüssige Wasserstoff sofort verdampft. Dadurch baut sich im Tank Druck auf. Ist der Maximaldruck von ca. 12 bar im Tank erreicht, muss der gasförmige Wasserstoff abgelassen werden. Nach einer Standzeit von 16h. ist mehr als ¼ des flüssigen Wasserstoffs verloren gegangen. Dieser lässt sich nicht mehr zurückgewinnen. Das Ablassen des gasförmigen Wasserstoffes stellt vor allem bei engen, schlecht belüfteten Räumen ein hohes Risiko dar. Denn der Wasserstoff sammelt sich bei längeren Standzeiten immer mehr an, das zu einer Explosionsgefahr führen kann. Deshalb durfte bspw. der 7er BMW nicht in Tiefgaragen parken, da das Risiko einer Verpuffung zu hoch war.
Ist die gasförmige Speicherung die Alternative zur Flüssigspeicherung?
Schon im Voraus kann man sagen, dass die gasförmige Speicherung die deutlich bessere Alternative ist. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass immer mehr Automobilhersteller wie bspw. Toyota, BMW etc. auf das Brennstoffzellensystem (Brennstoffzelle+ Elektromotor+ gasförmiger Wasserstoff) umgestiegen sind.
Jedoch hat auch der gasförmige Wasserstoff einige Nachteile. Denn für die hohen Drücke müssen die Tanks aus geeigneten, teuren und hochwertigen Materialien gefertigt sein, wie z.B. Kohlenstoff-Polyamid. Stahltanks kommen aufgrund ihres hohen Gewichts von 125 kg (Kohlenstoff-Polymaidtank: 50 kg) nicht in Frage. Ebenso können die Kohlenstoff-Polyamid Tanks deutlich dünner dimensioniert werden, da der Kohlenstoff mit einer Zugfestigkeit von ca. 4.000 N/mm2 deutlich stabiler als der verwendete Spezialstahl mit gerade einmal 750 N/mm2 ist.
Als Gesamtgewicht hat man beim Brennstoffzellensystem ca. 300 kg. Ein ähnliches Gewicht hat man auch etwa bei Elektroautos, jedoch erzielt man hier Reichweiten von 300 km. Beim Brennstoffzellensystem hingegen hat man Reichweiten von fast 1.000 km.
Das lässt uns zum Entschluss kommen, dass in Bezug auf die Reichweite und auch auf das niedrige Speichergewicht von Wasserstoff, die Wasserstoffmobilität der deutliche Sieger gegenüber der Elektromobilität ist.
Soll ich mir nun ein Wasserstoffauto oder Elektroauto kaufen?
Aktuell lässt sich sagen, dass keine Mobilitätsart die eindeutige Alternative darstellt. Man muss vielmehr eine Mischung beider Mobilitätsarten etablieren und deren jeweiligen Vorteile ausschöpfen, wie bspw. bei der Elektromobilität das Laden zu Hause sowie den Einsatz auf Kurzstrecken. Bei der Wasserstoffmobilität hingegen die lange Reichweite und das niedrige Gewicht, das vor allem bei der Luftfahrt eine signifikante Rolle spielt. Deshalb muss man für sich selbst entscheiden, welche Ansprüche man an sein Auto stellt und aus den oben genannten Aspekten heraus entscheiden, welches Auto man letztendlich bevorzugt.
Toyota, der Vorreiter in der Wasserstoffmobilität?
Toyota ist aktuell der einzige Automobilhersteller neben Hyundai, der noch eine aktive Entwicklung an der Wasserstoffmobilität betreibt. Andere führende Automobilhersteller haben sich weitgehend aus dem Bereich Wasserstoff zurückgezogen. Dies hat großes Interesse in uns geweckt, um in Kontakt mit diesem Unternehmen zu treten und mehr über deren Strategien und Intentionen herauszufinden. Nach einigen Schwierigkeiten, die vermutlich der allgemeinen Verschlossenheit großer Autofirmen gegenüber der Öffentlichkeit geschuldet waren, hat uns ein ehemaliger Mitarbeiter von Toyota, der in einer Führungsposition im Vertrieb tätig war, unsere Fragen beantwortet
Was steht der Wasserstoffmobilität tatsächlich im Weg? Die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz, Lobbyisten oder der Staat?
Die Technik der Brennstoffzelle ist schon seit über 150 Jahren bekannt und wurde auch schon früh für die Mobilität entdeckt. Viele Automarken haben mit dieser Technologie ihre Autos ausgerüstet, wie zum Beispiel Mercedes und Audi. Sie haben über 30 Jahre an dieser Technik Forschung betrieben. Die Arbeit ist derzeit jedoch teilweise auf Eis gelegt. Gefehlt habe zu diesen Zeiten die nötige Unterstützung von Seiten des Staates, der anders wie bei der E-Mobilität keine hohen Subventionen für die klimafreundlichen Autos ausgesprochen habe. Für den Toyota Mirai besteht mit der neuen Regierung eine größere Hoffnung. Außerdem merken Elektroautofahrer, dass Lithium-Akkus einige Probleme mit sich bringen, denn beispielsweise darf der Lithium-Akku keinen extrem niedrigen oder hohen Außentemperaturen ausgesetzt werden, da sonst ein großer Anteil des Akkufüllstands verloren geht. Diese werden sich auch nicht durch den technischen Fortschritt vollständig beseitigen lassen. Toyota kann mit ihrem Wasserstoffantrieb in diesem Fall die Defizite kompensieren.
Gibt es genügend Wasserstoff für einen Umstieg in Deutschland?
Aktuell lässt sich extrem viel elektrische Energie im Norden Deutschlands produzieren, die jedoch nicht in den Süden transportiert werden kann und deswegen ungenutzt bleibt. Deutschland löst das Problem zurzeit noch so, indem die Energie an umliegende Länder günstiger verkauft wird und diese dann den elektrischen Strom teurer an uns zurückverkaufen. Diese überschüssige Energie könnte umgewandelt werden und in Form von grünem Wasserstoff als Treibstoff im Mobilitätssektor eingesetzt werden. Zusätzlich machte Herr Draschner darauf aufmerksam, dass in umliegenden Chemiefabriken, wie der BASF, mehr als ausreichend Wasserstoff hergestellt werde, als für einen Umstieg nötig sei. Dieser Wasserstoff ist nicht zu 100% klimaneutral, dafür jedoch günstig und somit ideal als Energiepuffer hin zu der umweltfreundlichen Variante.
Gibt es sinnvolle Alternativen zur Brennstoffzelle?
BMW hat um das Jahr 2000 mit seinem PKW aus der 7er-Reihe auf eine andere Antriebstechnologie gesetzt. Ihr Wasserstoff-Verbrenner hat damals für Aufmerksamkeit gesorgt, auch wenn dieser, trotz seiner guten Reichweite und hohen Leistung, nicht sehr lange angehalten hat. Der Grund für das Problem war die extrem niedrige Temperatur, die im Tank gehalten werden musste. Zudem hat der Wasserstoffverbrennungsmotor mit einem Wirkungsgrad von etwa 30% eine weitaus geringere Effizienz als die Brennstoffzelle. Diese verfügt über einen Wirkungsgrad von ca. 50%. Dies führte dazu, dass der Wasserstoffverbrennungsmotor aus dem Automobilbereich weitgehend verschwand.
Warum hält Toyota an Wasserstoff fest?
„Man sollte seinen Wetteinsatz nie nur auf ein Pferd setzen“ (Z. Draschner). Mit dieser Auffassung versucht sich Toyota eine langfristige Gewinngrundlage zu sichern und setzt hierzu auf eine wasserstoffbasierte Antriebsart. Denn die E-Mobilität wird nicht jeden Verkehrssektor sinnvoll ersetzen können, wie zum Beispiel beim Schwerlasttransport. Hier fällt die Effizienz eines batteriebetriebenen Antriebs drastisch. Dies ist dem enormen Gewicht der Batterien geschuldet. Hier kommt nun die Wasserstoffmobilität zum Einsatz und bietet mit dem deutlich niedrigeren Speichergewicht und dem leichtesten Element der Welt als Energieträger, eine gewichtsärmere Alternative. Aufgrund des geringen Gewichts lässt sich auch der Luftverkehr mit der Brennstoffzellentechnik revolutionieren. Der Anfang wurde in Stuttgart von dem Unternehmen H2Fly gemacht. Ihr HY4 hat 2016 seinen Erstflug gehabt und wird fortan weiterentwickelt.
Zudem sieht Herr Draschner weitere Probleme in der E-Mobilität. Aktuell gäbe es noch wenige Möglichkeiten, wie die Lithium-Akkus nachhaltig recycelt werden können, ohne dass Chemikalien eingesetzt werden müssen, um das Lithium zu binden. Deshalb sind das Lithium, der Graphit und der Elektrolyt aktuell kaum recyclebar und die Entsorgung sehr belastend für die Umwelt. Zusätzlich lasse sich keine Infrastruktur entwickeln, die alle Autos mit Strom versorgen kann. Besonders der Automobilbereich könne nicht ausreichend bedient werden, da aufgrund der langen Ladevorgänge mit enormen Wartezeiten vor Ladesäulen zu rechnen sei. Herr Draschner erwähnte daraufhin, dass dieses Problem beim Toyota Mirai keine Rolle spielt. Aufgrund der kurzen Tankzeiten von weniger als 6 Minuten, sei mit diesem Problem nicht zu rechnen.
Mit diesem Wissen steht die Wasserstoffmobilität als eine weitere sinnvolle Alternative zur E-Mobilität bereit.
Luca Schweikert & Elias Ritter / 20.06.22